Samstag, 19. Februar 2011

Mit dem Tuk-Tuk auf den Wasservulkan

Man sagt, dass die spanischen Conquistadoren keine Vulkane kannten. Daher sahen sie keine Gefahr in den hübschen kegelförmigen Bergen, bauten eine Kathedrale und einen Palast und gründeten 1527 eine Hauptstadt. Nur 14 Jahre später regierte der Volcan de Agua, obwohl als solcher inaktiv, auf die neuen Häuslebauer und schickte während einer besonders heftigen Regenzeit eine Schlammlawine, die den größten Teil der Stadt unter sich begrub. Unter ihnen Doña Beatriz de la Cueva, die Gouverneurin des spanischen Königreichs in ihrem Palast. Und so nahm man traurig und entsetzt Abschied, nannte den Ort um in Ciudad Vieja (Alte Stadt) und gründete ein paar Kilometer weiter eine neue Hauptstadt, die sich heute Antigua Guatemala nennt. Die hielt etwas länger. Um die ausgebuddelten Überreste des Palastes herum hat man später eine Schule gebaut.

Schlammlawinen sind heute nicht zu erwarten. Es ist seit Monaten trocken. Wir wollen uns dem Vulkankegel nähern und warten auf den Bus, der uns in das höchste Dorf am Vulkan, Santa Maria de Jesús bringen soll. Da hält vor uns ein Tuk-Tuk, eine Moped-Rikscha. Stirnrunzelnd steigen wir ein. Wie soll der mit uns Fünfen die 10 km und 500 Meter Höhenunterschied zum 2070 m hoch gelegenen Dorf überwinden? Die letzten Meter legen wir fast in Schrittgeschwindigkeit zurück. Aber immerhin: Es hat uns kein Bus überholt.

Auf dem Weg durch das Dorf begegnen wir in der Kathedrale einer Maya-Hochzeit und freuen uns, dass wir schon so viel über die Riten wissen (21.1.) und auf dem Markt einem zerlegten, halb ausgelöffeleten Gürteltier. Wir zögern für einen Moment – und trauen uns dann doch nicht zu kosten. Außerhalb der Stadt wird der Weg bergauf schmal und staubig. Es ist Mittagzeit und viele Arbeiter kommen uns mit ihren Pferden und ihrem Brennholz entgegen und wir müssen uns an den Rand des Weges pressen - sie haben jetzt Wochenende. Jeder grüßt „buenas tardes“, auch wenn der Holzstapel auf dem Rücken kaum das Hochschauen erlaubt. „Buenas tardes“ gefällt auch Laurenz und zählt wohl zu den wenigen festen spanischen Wendungen, die er sich schon angewöhnt hat. Irgendwann sind wir allein auf dem Weg. Den Krater können wir heute nicht erreichen. Angeblich soll sich in ihm ein Fußballfeld befinden.
Die Kinder, die anfangs über den Staub, die „dünne Luft“ und die Hitze geschimpft hatten, genießen plötzlich den Weg.
Wir wandern an Feldern entlang, überqueren kleine Schluchten und rasten schließlich zwischen Blumen und einem Bohnenfeld mit Blick auf Santa Maria. Komische Dinge gibt es zu sehen: einige Bäume sind ganz und gar von orangefarbenen Spaghetti bedeckt. Zwischen den vertrockneten Maispflanzen blühen Mandelbäume. Fröhlich gehen wir ins Dorf zurück und finden einen Mini-Bus, der nach Antigua hinunter fährt. Wir verstehen die Spanier. Es muss schön sein, hier zu wohnen. Es muss ja nicht gleich ein Palast sein. Und man muss halt ein bisschen aufpassen.