Samstag, 30. April 2011

Karfreitag in Antigua

Für eine Prozession in Antigua braucht man:

1. Sägemehl in verschiedenen Farben und Schablonen, Blumen, Kiefernnadeln, Bretter, ein Stück Straße, am besten das vor dem eigenen Haus, ca. 4 Stunden Zeit für die Vorbereitung des Teppichs, bloß keinen Regen.

2. Große Gabeln, mit denen die Kabel, die über die Straße hängen, hoch gehalten werden, damit der Strahlenkranz von Maria nicht hängenbleibt.

3. Viel Weihrauch

4. Tausend Männer, teilweise in römischen, teilweise in arabischen Gewändern, und zweihundert Frauen, in Trauerkleidung.

5. Einen römischen Streitwagen und berittene Römer

6. Einen riesigen Tisch, ca. 15 m lang und 3 m breit, mit vielen rundherum angebrachten Lampen, getragen von 60 Männern, ein nicht riesiger, aber immer noch großer Tisch, getragen von 30 Frauen. Auf dem großen Tisch ist z.B. Jesus mit dem Kreuz auf der Schulter dargestellt, auf dem Tisch der Frauen Maria als „Schmerzensmutter“.

7. Ein Generator auf Rädern, mit dem großen Tisch über Kabel verbunden, mühsam von 4 Leuten über das Kopfsteinpflaster geschoben.

8. Eine Blaskapelle, die nur mühsam aber mit ergreifender Trauermusik den Generatorwagen übertönt, bestehend u.a. aus Trompeten, Klarinetten, Trommeln und einem Paukenwagen.

9. Menschen, die verwertbare Bestandteile des zerstörten Teppichs (Blumen) aufsammeln.

10. Der „Tren de Limpieza“, bestehend aus Männern mit Schaufeln (die die Reste des Teppichs zusammenschieben), einem Lastwagen, weiteren Männern mit Schaufeln und Besen, die die zusammengeschobenen Reste in die Schaufel eines darauf folgenden Baggers schaufeln, einem weiteren Lastwagen für die letzten Reste.

Fotoserie: Vom Aufbau eines Teppichs bis zum Reinigungszug

Montag, 4. April 2011

Vulkaninhalt im Garten

Wenn Laurenz auf dem Rasen spielen will, zieht er sich Schuhe an. Freiwillig. Wer sich hinkniet, steht mit kleinen Steinchen in den Knien wieder auf. Vor knapp einem Jahr, einen Tag nach Markus‘ 43. Geburtstag, ist der Vulkan Pacaya ausgebrochen, es gab eine fürchterliche Eruption, Staub, Sand und Steine wurden 1,5 km hoch in die Luft geschleudert. Nach fünf Tagen regnete der Vulkaninhalt auf Guatemala-Stadt herab und bedeckte alles, was draußen war, mit einer dicken, dunklen Schicht. Seitdem ist Ruhe. Vergangenen Samstag sind wir früh aufgestanden und haben unsere Wanderschuhe angezogen um uns den Pacaya mal aus der Nähe anzuschauen. Er ist der „Hausvulkan“ von Guatemala-Stadt, ungefähr 25 km sind es von unserer Tür bis zu seinem Fuß. Dort lädt man sich einen Führer ins Auto, denn alleine darf man nicht mehr hinauf. Es war ein ungewöhnlich frischer Morgen, tiefe Wolken zogen über uns hinweg.

Als wir ein paar hundert Meter höher auf dem Parkplatz hielten, stürzten sich 15 Pferde und 15 Pferdehalter auf uns. Wir waren die ersten Wanderer an diesem Morgen. Für den ersten Teil des Weges teilten wir uns zwei Pferde. Mit dem Führer, der einen merkwürdigen, baumartigen Wanderstab hatte, den Pferdehaltern und unserem Freund waren wir wie eine kleine Bergsteiger-Karawane. Irgendwann wurde das Geröll zu stark und der Weg zu schmal, so dass wir abstiegen, die Pferde auf uns warten ließen und den Rest zu Fuß gingen. Man merkte den Führern an, welchen Eindruck der Ausbruch bei ihnen hinterlassen hatte. Ständig verwiesen sie auf Ehemaliges: „Hier war mal ein Tal“, „Früher konnten wir hier lang gehen“.

Je näher wir dem Gipfelbereich kamen (ganz nach oben darf man nicht mehr), desto öfter bliesen einen warme Winde aus kleinen Löchern im Boden an. Der nahe Gipfel zeigte sich immer nur kurz. Auch der sah wohl vor einem Jahr noch ganz anders aus. Schließlich gelangten wir zu einer großen Felsspalte, über der die Luft nur so flirrte. Der Führer nahm seinen komischen Wanderstock und begann, die trockenen Ästchen mit Marshmallows zu bestücken. Den Kindern blieb der Mund offen stehen. Er hielt den Stock ein paar Sekunden über die Felsspalte und sie waren gegrillt.

Hundert Meter weiter bergauf war durch die Eruption eine große Höhle entstanden, die ungefähr 80 °C heiß war, die Endstation unserer Wanderung. „La Sauna“ – und das war sie auch. Eine perfekte Natursauna. Ach, hätten wir hier ein paar Stunden alleine hier in den Wolken bleiben können!

Von dem Staub und dem Sand des Ausbruchs ist in der Stadt natürlich nichts mehr zu spüren. Die Regenzeit hat alles weggespült – bis auf die kleinen Steinchen im Rasen. Und darauf kann man ja auch eine Decke legen.